Efstathios Tassikas

Mythos Dresden – Bombenangriff auf Dresden 1945

Efstathios Tassikas

Der Umgang mit den Ereignissen in Dresden während des zweiten Weltkriegs sowie die Zahl der Opfer, die bei den britischen und amerikanischen Bombenangriffen auf die Stadt Dresden in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 ums Leben kamen, sorgt auch noch 75 Jahre später für Ungereimtheiten und aufgeheizte Stimmung. In der öffentlichen Debatte ist von verschiedenen Zahlen die Rede: 1) 135.000, 2) „weit mehr als 100.000“ sowie 3) 25.000.

Zur ersten Zahl: Nach der Bombardierung von Dresden durch die Alliierten haben die Nationalsozialisten und ihr Propagandaminister Joseph Goebbels sofort begonnen, die Opferzahlen von Dresden hochzurechnen. Die Rede war von 250.000 Toten (Schütz 2020). Dies gilt als Ursprungszahl, aus der die anderen hervorgingen. Die Zahl von 135.000 stammt vom umstrittenen britischen Journalist David Irving. Irving selbst musste schon 1966 in einem Lesebrief an die Londoner „Times“ diese Zahl als zu hoch zurücknehmen (Mayr 1992:61). Von „etwa 100.000“ Toten wird dann AfD-Chef Tino Chrupalla im Spiegel zitiert (Wiegrefe 2020) und zum Schluss die Zahl von ca. 25.000.

Dresden nach den alliierten Bombenangriffen. Bild: Bundesarchiv

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Letztere ist das Ergebnis des Abschlussberichts der Historikerkommission zu den Luftangriffen auf Dresden zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 der Stadt Dresden, die von Rolf-Dieter Müller geleitet wurde. Selbstverständlich ist eine hundertprozentig-genaue Zahl nicht möglich. Das Ergebnis der Kommission ist jedoch die einzige durch Quellen belegte, wissenschaftlich anerkannte Zahl. Bis zur Veröffentlichung galt die Zahl von 35.000 als bewiesen (Mayr, 1992:61). Diese musste jedoch nach Erkenntnissen der Kommission korrigiert werden: „Wir sind allen Argumenten nachgegangen und haben am Ende überprüfbare Beweise dafür vorgelegt, dass es nicht mehr als 25.000 Opfer gegeben hat“ (Müller/Wiegrefe 2020).

Dies sind nur einige Beispiele unter vielen anderen für die in der Öffentlichkeit angegeben Zahlen, um die Realität dieser Nacht in Dresden zu skizzieren. Die Historikerkommission recherchierte unter anderem auch auf Basis der Ergebnisse von 1977, die Götz Bergander in seiner wissenschaftlich fundierten und durch neues Quellenmaterial gesicherten Dokumentation „Dresden im Luftkrieg“ herausarbeitete.

Das Ziel war es dieser andauernden Zahlenlegendenbildung der rechten Geschichtsrevisionist:innen den Nährboden zu entziehen. Die Tradierung der Zahlen von beispielsweise „mehr als 100.000“ ist nichts weiter als Göbbels-Propaganda und der geschichtsrevisionistische Versuch die deutsche Kriegsschuld zu relativieren, in dem man den Fokus auf die Opfer auf deutscher Seite legt. Dies bestätigen auch Rolf-Dieter Müller: „Dass jetzt wieder versucht wird, das Totengedenken für die politischen Zwecke der Gegenwart zu missbrauchen, finde ich unerträglich“ und auch Johannes Schütz: „Die AfD versucht nun, die alte Erzählung von weit höheren Opferzahlen wieder aufzuwärmen und den Opfer-Mythos wieder zu beleben. […] wer den Blick weg lenken will von den Taten der Deutschen im Zweiten Weltkrieg, nutzt dafür nicht selten das Gedenken an die deutschen Opfer. Genau darum bemüht sich nun die AfD, wenn sie die Diskussionen um Opferzahlen und Verantwortung wieder aufrollt“ in ihren Interviews.

Dresden nach den alliierten Bombenangriffen. Bild: Bundesarchiv

Es geht nicht um eine Bagatellisierung der Opferzahlen und Verluste durch die Bombenangriffe der Alliierten, wenn die mehrstelligen Opferzahlen, die noch im Krieg von Göbbels zu Propagandazwecken in Umlauf gesetzt worden und später aufgrund mangelnder Beweise und wissenschaftlicher Erkenntnisse auf 25.000 korrigiert werden mussten. Vielmehr, so Mayr, geht es dabei um „ernsthafte und glaubwürdige Geschichtsschreibung, die in diesem Fall auch ohne Mammutzahlen grausam genug ist“ (Mayr 1992).

Abschließen möchte ich mit dem Schlussabsatz der Dresdner Historikerkommission (S. 70), der alles noch einmal gut zusammenfasst:

„In der Konsequenz des von Deutschland ausgegangenen Krieges wurde Dresden im letzten Kriegsjahr durch alliierte Luftangriffe schwer zerstört. Innerhalb weniger Stunden starben viele Tausend Menschen – Zivilisten und Militärangehörige, Dresdner und Flüchtlinge, aber auch Zwangsarbeiter, Häftlinge und Kriegsgefangene. Für die wenigen noch nicht ermordeten jüdischen Mitbürger bedeuteten die Luftangriffe Gefahr und Rettung vor Deportation gleichermaßen. Ein verantwortliches Erinnern an das Schicksal aller dieser Menschen setzt ein ernsthaftes und andauerndes Bemühen um die Korrektheit der geschichtlichen Darstellung voraus.“
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Quellen- und Literaturverzeichnis:

Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors.
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