Rui Filipe Gutschmidt
Die Justizwillkür im erzkonservativen Alabama/USA – Opfer verurteilt, Täterin frei
Marshae Jones wurde von einem Schwurgericht des Mordes an ihrem ungeborenen Kind für schuldig befunden, nachdem sie bei einer Diskussion mit einer anderen Frau fünf Kugeln von dieser in den Bauch bekam. Die Todesschützin blieb jedoch unbehelligt, während die werdende Mutter (im 5. Monat) als Mörderin verurteilt wurde, da „sie den Streit begonnen hätte“.
Marshae Jones ist 27 Jahre alt und war im fünften Monat schwanger. Sie geriet mit einer anderen Frau in einen Streit, von dem, zumindest mir, nichts näheres bekannt ist. Was aber öffentlich gemacht wurde, ist die „Lösung“ die jene andere Frau fand, um den Streit zu beenden. Sie zückte kurzerhand eine Waffe und schoss der schwangeren Jones damit fünf mal in den Bauch, was den Tod des ungeborenen Kindes zur Folge hatte.
Doch was uns als ein klarer Fall erscheint, das wird im erzkonservativen Alabama, USA ganz anders gesehen. Der Bundesstaat an der Südküste der USA, der für Rassismus und seine sehr freizügigen Waffengesetze bekannt ist, hat vor kurzem das härteste Abtreibungsgesetz der USA beschlossen. Selbst bei Vergewaltigung oder Inzest ist eine Abtreibung verboten. Der Fötus hat hier das Statut einer rechtlich anerkannten Person und kann somit auch als „Opfer“ einer Straftat gelten.
Die Mutter allerdings als „Mörderin“ (provozierte Abtreibung?) ihres eigenen Kindes zu betrachten und die tatsächliche Todesschützin ungeschoren davonkommen zu lassen, ist für jeden „normal denkenden und fühlenden“ Menschen nicht nachvollziehbar. Ob die Hautfarbe der Afroamerikanerin hierbei eine Rolle gespielt hat ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Auch sonst fehlen weitere Einzelheiten zum Tathergang, wobei weder der Grund für den Streit, die Identität der Todesschützin, noch die Zusammensetzung der Geschworenen eine Rolle bei der Aufklärung des Falls spielen dürfen.
Eine Frau schießt einer anderen, im fünften Monat schwangeren, fünf mal in den Unterleib, verletzt die Frau dabei schwer und tötet das ungeborene Kind! Für jedes Gericht, Staatsanwaltschaft, Anwalt oder auch für den Leien, sofern er in einem Rechtsstaat
aufgewachsen ist, stellt sich dieser Fall glasklar dar: Die Schützin ist des Mordes an dem ungeborenen Kind und des versuchten Mordes an Marshae Jones schuldig. Nur in Alabama scheint die Welt auf den Kopf gestellt. Nur im Süden der USA werden Opfer zu Tätern, wird Unrecht zu Recht, kommen die Opfer ins Gefängnis!
.
Erstveröffentlichung am 30. Juni in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.
.
Weitere Artikel von Rui Filipe Gutschmidt
.
Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
Auch linker Journalismus ist nicht kostenlos
und auch kleine Spenden können helfen Großes zu veröffentlichen!
Diskussion ¬