Claudia Haydt
Bahn frei für die Bundeswehr
Der Rahmenfrachtvertrag für internationalen Schienentransport zwischen Bahn und Bundeswehr
Seit 1. Januar 2019 führt die Bundeswehr für einen Zeitraum von zwölf Monaten die „Speerspitze“ der NATO im Baltikum. Zeitgleich trat ohne größere öffentliche Aufmerksamkeit ein Vertrag in Kraft, der deutlich macht, mit welcher Entschlossenheit die NATO-Staaten und die Bundesregierung Vorbereitungen für eine kriegerische Konfrontation mit Russland treffen. Erstmals sichert sich die Bundeswehr bei der Deutschen Bahn Transportkapazitäten für Panzer und andere Rüstungsgüter bis an die Grenze Russlands. Es geht dabei nicht um einzelne Wagen, die an Güterzüge angehängt werden, sondern um vollständige Züge, von denen im Verlauf des Jahres 2019 weit über tausend Richtung Osten rollen könnten. Zu den „Highlights“ des mit fast 100 Millionen Euro dotierten Vertrags zwischen Bahn und Bundeswehr gehören u.a. die zusätzliche Vorhaltung von 300 Waggons und Lokomotiven mit dem Potenzial für über 1300 jährliche Transporte sowie die Umkehrung der „Vorfahrt-Regel“: Künftig soll Militärtransporten erstmals gegenüber dem zivilen Personenverkehr Priorität eingeräumt werden. Zivile Bahnkunden können sich in diesem Kontext also möglicherweise auf noch mehr Verspätungen als bisher einstellen.
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Transporte für die NATO-Speerspitze
Die Panzerlehrbrigade 9 aus Munster (Niedersachen) stellt den Leitverband der NATO-Speerspitze, die im NATO-Jargon VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) genannt wird. Damit stehen 5.000 Bundeswehrsoldaten für einen schnellen Nato-Einsatz gegen Russland bereit und deutsche Soldaten stünden bei einer kriegerischen Auseinandersetzung an vorderster Front. Die Bundeswehr stellt für die NATO-Speerspitze rund 4000 Angehörige des Heeres und 1000 Kräfte anderer Organisationsbereiche bereit. Um den Aufmarsch nach Osten logistisch abwickeln zu können, schloss das Verteidigungsministerium noch im Dezember 2019 einen Vertrag in Höhe von beinahe 100 Millionen Euro mit der DB Cargo AG (DB) ab.
Der Vertrag[1] wurde auf zwei Jahre abgeschlossen (1.1.2019 bis 31.12.2020) und kann je drei Mal um ein Jahr verlängert werden. Im Anschluss an die Versorgung der deutschen VJTF Kräfte werden mit diesen Schienentransportkapazitäten sollen ab 2020 Verlegungen der Initial Follow-on Forces Group (IFFG) und weitere grenzüberschreitende Transporte für die Bundeswehr oder für Ihre Verbündeten durchgeführt werden können. Der Vertrag erwähnt dabei sowohl Transporte für die NATO, für Staaten, die Mitglied des NATO-Programms Partnerschaft für den Frieden sind, für die Europäische Union oder die Vereinten Nationen. Es geht also, jenseits der aktuellen Unterstützung der VJTF-Kräfte, um ein logistisches Infrastrukturprojekt mit dem internationale Schienentransporte an unterschiedlichste Ziele – aber besonders im Osten – durchgeführt werden sollen.
Erstveröffentlichung in Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden teilweise oder ganz von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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Über den Autor: Die Soziologin und Religionswissenschaftlerin Claudia Haydt ist Vorstandsmitglied der Europäischen Linken mit den Schwerpunkten Friedenspolitik, Soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Antirassismus, Antifaschismus, Internationalismus und Europapolitik. Als ständige Referentin der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. ist sie dort auch Mitglied des Vertretungsberechtigten Vorstanddes.
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Der Artikel von Claudia Haydt ist sehr interessant. Da kann man nur staunen, was die Bundesregierung alles für den Frieden in Europa tut und den Bürgern nichts von ihren Anstrengungen mitteilt. Das macht sie nur, um uns Bürger nicht zu beunruhigen. Welch große Rücksichtnahme wieder bei unseren Politikern festzustellen ist. Das ist einfach rührend. Auch DIE LINKE ist so sanftmütig zu uns, dass auch sie uns davon nichts berichtet. Da können wir wirklich stolz auf unsere linken Politiker sein.
Für die Deutsche Reichsbahn – oh Pardon – Deutsche Bundesbahn ist das nicht neu. Sie kennt das aus der Zeit besonders von 1938 bis 1944 und nicht nur für den Transport von Kriegsmaterialien, sondern auch für den Transport von Menschen, die mit dem gelben Stern. Im Prinzip war auch damit zu rechnen, dass die DB wieder einsteigt beim Kriegsgüter- und Soldatentransport Richtung Osten. Denn die Soldaten müssen in den Baltischen Ländern vierteljährlich ausgewechselt werden – also immer rotieren -, um nicht von Stationierung der NATO-Truppen sprechen zu können. Dass diese Züge Vorrang vor dem üblichen Personenverkehr hat, ist verständlich. Die armen Soldaten stehen so dicht an der russischen Grenze und das ohne psychische Betreuung – hoffen wir, dass aber ein Pastor ihnen zur Seite gestellt ist für den schweren Kampf.
Nach meinem Verständnis ist unbedeutend (das ist ernst gemeint), ob Schulze und Meier ständig dort stehen oder nach drei Monate dann Müller und Lehmann dort stehen. Am Tag der Auswechselung stehen sie alle 4 an der russischen Grenze. So ist es doch eine ständige Besatzung vor den Toren Russlands.