Ulrike Spurgat
Deutschland Sehnsuchtsland?
Nach Hause kommen, sich aufgehoben fühlen, füreinander da zu sein, zusammen zu halten, sind nur einige Begriffe, die aussagen sollen, wie wichtig Familie sein kann. Am 20. Juni 2018 war der Weltflüchtlingstag. Der UNHCR veröffentlichte am 20.6.2018 am Weltflüchtlingstag erschütternde Zahlen: Ende 2017 waren 68,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. 52% der Flüchtlinge sind Kinder (unter 18 Jahren). Im Schnitt wird alle zwei Sekunden jemand auf der Welt zur Flucht gezwungen.
Der Irak ist ein instabiler Staat, in dem sich sunitische und schiitische Muslime teils unversöhnlich gegenüberstehen. 2014 überfällt der IS die Region Sindschar im Nordirak und kämpft dort gegen die kurdischen Peschmerga. Zur Flucht gezwungen wurden arabische Sunniten, Kurden und die nicht islamistischn religiösen Gemeinschaften, die Christen und Yeziden. Die mündlich überlieferte Religion der Yeziden will der IS (Islamischer Staat) auslöschen. Tausende der Frauen wurden vergewaltigt und versklavt. Männer tötete man vor den Augen ihrer Familien als Abschreckung. Die Vertreibung und die Gewalttaten gegen Yeziden im Irak durch die Dschihadisten (IS) begründet die Anerkennung als Flüchtling in Deutschland, entschied das Verwaltungsgericht Hannover am 18.8.2014. Dem Kläger, ein achtzehnjähriger Yezide aus dem Nord Irak, wurde der Flüchtlingsstatus zuerkannt. (AZ: 6A 9853/14)
Flucht – Der einzige Ausweg
Da beginnt der lange, beschwerliche Weg der achtköpfigen Familie S. in eine unbekannte Zukunft. Sie flohen aus dem Irak und strandeten in der Stadt in der ich wohne. Ich hörte dass sie Kurden und Yesiden sind und seit ihrer Ankunft bis 2017 in drei Flüchtlingsunterkünften der Stadt hin und hergeschoben wurden. Dort mussten sie in nur einem Zimmer leben auch, wenn noch leere Zimmer zur Verfügung standen. Sie haben kein weiteres bekommen, weil man das Ziel verfolgt hat, dass sie möglichst schnell die Unterkunft verlassen sollen. Zwei Kinder im Alter von vier und sechs Jahren leben in einer heilpädagogischen Einrichtung in der Nähe der Eltern. Die Strapazen der Flucht waren einfach zuviel für die kleinen Mäuse. Über die Flucht, wie sie fliehen konnten, wielange sie unterwegs waren, wer an der Flucht beteiligt gewesen ist, darüber gibt es nur spärliche Informationen. Eine der Töchter bricht bei diesem Thema in Tränen aus und ob sie jemals darüber sprechen werden können hat mit Zeit zu tun. Doch wie lange ist Zeit?
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Skrupellose Vermieter
Die Betreiber dieser Flüchtlingsunterkünfte sind Privatvermieter und das heißt, sie bekommen pro Flüchtling 400,00 Euro im Monat. Acht mal 400,00 Euro = 3.200,00 € pro Zimmer, das einfach und primitiv eingerichtet ist … Da sieht man gleich das die Vermietung nicht humanitären Zwecken dient. Geflüchtete Menschen sind zum Geschäftsmodell geworden, wie es sich im Kapitalismus gehört und Skrupel haben diese Vermieter nicht.
Solche Unterkünfte findet man nicht in den Vierteln der Stadt wo Einfamilienhäuser und kleine Stadtvillen stehen. Sie befinden sich in den „sozialen Brennpunkten“, wo die Not, der Mangel an Wohnraum, wo Arbeitslosigkeit und oft Hoffnungslosigkeit am größten sind. Und damit werden dort die Probleme in der Wahrnehmung derer, die dort schon länger leben, noch größer und Flüchtlinge werden oft als Eindringlinge getrachtet. Eine der Töchter, die seit Beginn 2016 die deutsche Sprache lernt und ihren Geschwistern und Eltern hilft, wo sie kann, erzählt, dass sie sich wie ein „ungebetener Gast“ vorkommt.
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Das Übel beim Namen genannt
Die Verursacher dieser Missstände sind diejenigen, die sich an Kriegen bereichern und fremden Völkern die Bodenschätze klauen. Es sind die, die einfach ihren gierigen Schlund nicht voll genug bekommen und das muss man beim Namen nennen.
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Sozialarbeiter geben sich die Klinke in die Hand
Der Kontrollwahn des Staates trägt seltsame Blüten und an Sozialarbeitern scheint es nicht zu fehlen.
Die Familie durfte noch bis Oktober 2017 in der Flüchtlingsunterkunft bleiben. Hätten sie bis zu diesem Zeitpunkt keine Bleibe gefunden, wären sie irgendwohin gekommen, wo es eben Wohnraum gibt. In der Regel sind das ländlichen Gebiete. Doch mit vier Kindern, die schulpflichtig sind und die deutsche Sprache lernen müssen, ist so eine Unterkunft kaum geeignet. Dem Staat ist es egal, wenn es vor Ort keinen Wohnraum gibt und so müssen solche Familien eben aufs Land.
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Jobcenter setzt die Eltern unter Druck
Die Eltern sind beide krank, doch das Jobcenter liegt ihnen in den Ohren, sich eine Arbeit zu suchen. Frau S. ist schwerst traumatisiert, in Gesprächen meist abwesend, weil ihre Mutter krank ist und eine Tochter im Irak zurück bleiben musste. Der Grund ist das diese Tochter zum Zeitpunkt der Flucht volljährig gewesen ist und sie keinen Aufenthaltsstatus erhalten hätte. Angstzustände begleiten ihr jetziges Leben. Herr S. ist herzkrank, beide sind in ärztlicher Behandlung, doch die Angst bleibt bislang ein ständiger Begleiter. Die gute Nachricht ist, dass sie eine mehr als akzeptable Bleibe gefunden haben, wo sie endlich durchatmen können und jeder sein eigenes Bett hat. So kann die Familie jetzt auch nach Hause kommen wo sie sich aufgehoben und geborgen fühlt. Unterstützt von Nachbarn die ihnen helfen den schrecklichen Ereignissen ein wenig das Grauen zu nehmen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
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