Jairo Gómez
Spanien, ein Land zwischen Zorn, Ohnmacht und Gewalt Teil 1
Nachhall eines Weltreichs
Viele der aktuellen Vorgänge in Spanien sind meines Erachtens nicht ausschließlich Produkte der gegenwärtigen Politik. Es wäre ein Fehler, die Probleme des Landes nur auf den Konflikt zwischen der Zentralregierung in Madrid und den Unabhängigkeitsbefürwortern zu reduzieren. Wie bei dem Wurzelwerk eines Baumes, dessen Spitzen in unterschiedliche Tiefen reichen, haben die derzeitigen Geschehnisse ihren Ursprung in den verschiedenen Epochen der spanischen Geschichte.
Die Eroberung und die Herrschaft über den größten Teil des südamerikanischen Kontinents, ganz Mittelamerikas, des gesamten Südens der heutigen USA, so wie der Philippinen, weiter Teile Europas und nicht zuletzt einige Regionen Nord und Westafrikas hallen im Unterbewusstsein der spanischen Gesellschaft bis heute noch nach. Der spanische Bürgerkrieg und die daran anschließende Diktatur des Generals Franco prägen nachhaltig die spanische Gegenwart.
Genau wie andere Länder, ist Spanien von den Auswirkungen der Globalisierung und den Auswirkungen des damit einhergehenden Neoliberalismus betroffen. Von der breiten Masse nahezu ignoriert, ist das Land aus unterschiedlichen Richtungen, einem übermächtigen Druck ausgesetzt.Zum einen, seitens des IWF, der Weltbank und der EU. Zum anderen, menschliche Schwächen wie die Gier nach Geld und Macht derer, die in den Vorständen von nationalen und internationalen Konzernen sitzen, sowie von Politikern in einigen Parteien. Diese Melange hat dazu geführt, dass genau wie in anderen Ländern, gefasste Vorhaben, die der Allgemeinheit zugute gekommen wären, auf Eis gelegt wurden, oder in vollem Umfange dem Roststift zum Opfer fielen. All das zusammen birgt eine Menge sozialen Sprengstoffs.
Spanien ist besonders in Mitleidenschaft gezogen worden, weil es sich zu Beginn dieses Jahrtausends in einer Selbstfindungsphase befand, dazu gehörte auch die konsequente Aufarbeitung der Vergangenheit und vor allem das Akzeptieren, dass es auf spanischem Territorium vier verschiedene Sprachen und Kulturen gibt. Die oben genannte Kombination und ein Regierungswechsel, hat diese Selbstfindungsphase jäh beendet. Seit diesem Regierungswechsel führt eine Partei Partido Popular die Geschicke des Landes, deren Väter noch zum Franco Regime gehörten
Zum besseren Verständnis der Gegenwart unternehmen wir eine Reise in die Vergangenheit, deren Ausgangspunkt das Jahr 1973 ist. Das Jahr in dem das Franco Regime in seinen Grundfesten erschüttert wurde und damit den Beginn eines Zerfallsprozesses markierte, an dessen Ende der Tod des Diktators stand und den Übergang in den spanischen Staat möglich machte, so wie wir ihn heute kennen.
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Tod eines Admirals
Madrid, 20. Dezember 1973. Gegen 9:20 Uhr verließ ein Mann mit buschigen Augenbrauen, in einem dunklen Anzug gekleidet, die Kirche San Francisco de Borja und bestieg einen schwarzen Dodge 3700GT. Es handelte sich um Admiral Luís Carrero Blanco, Regierungschef in Spanien. Wie jeden Morgen, besuchte er vor Arbeitsbeginn die Morgenmesse. Immer zur gleichen Zeit, immer auf der gleichen Route.
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Wer war der Mann, mit der Routine eines Uhrwerks?
Carrero Blanco begann seine Militärlaufbahn bei der spanischen Marine in der Offiziersschule, er nahm in den spanischen Seestreitkräften am Rifkrieg teil, und später auch ab 1937 am spanischen Bürgerkrieg, in dem er gegen Ende ein U-Boot befehligte. Im zweiten Weltkrieg war er ein Befürworter der Neutralität Spaniens. In dieser Zeit wurde er nach und nach zum Vertrauten des Diktators Franco und wurde 1941 zum Staatssekretär ernannt. Er schriebt mehrere Bücher, aus denen klar hervorging, dass er ein überzeugter Katholik war und sowohl dem Judentum als auch dem Kommunismus feindlich gegenüber stand.
1951 wurde er zum Präsidentschaftsminister ernannt, in diesem Amt koordinierte er die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ministerien mit dem Regierungschef und Staatsoberhaupt Franco. Gegen Ende der 1950er Jahre setzte er sich für eine wirtschaftspolitische Neuorientierung ein. Die Voraussetzung dafür war eine allmähliche Öffnung des Landes. Von 1939-1959 hatte das Franco Regime eine Autarkie Politik betrieben. Das war zum einen bedingt durch die Ideologie der Falange (Einheitspartei Francos) in ökonomischen und sozialen Bereichen. Man versuchte so, die Unabhängigkeit von Einfuhren zu erlangen und gleichzeitig die Schlüsselindustrien zu kontrollieren. Zum anderen war dem franqistischen Regime nichts anderes übrig geblieben, da es von 1946 an, einem von der UNO verhängtem Boykott unterlag. Der Grund dafür war die Haltung die das Regime im Madrid gegenüber dem Dritten Reich, vor und während des 2. Weltkrieges eingenommen hatte. Das hatte eine langjährige Isolation Spanien zur Folge, lediglich Argentinien, Portugal und einige befreundete arabische Staaten beteiligten sich nicht daran.
Quellen:Manual de Historia Política y Social 1808-2011)/Handbuch der Politik und -Sozialgeschichte von Miguel Martorell und Santos Juliá ISBN: 97884 90562840 Dokumentalreihe „LA Transición Politica Española“ des spanischen Fernsehsenders RTVE
Fotos: Von Joxemai – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2 0339090Franco und Carreo Blanco, Quelle: EFE
By Conferencia Episcopal Española – Vicente Enrique y Tarancón, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53501898
Foto Grafity: By Joxemai – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=60615938
Foto des Autowracks,LA GACETA la información alternativa https://gaceta.es/
Karte: Ramirez72 at English Wikipedia (Transferred from en.wikipedia to Commons.) [Public domain], via Wikimedia Commonst
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Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion AmericanRebel hinzugefügt.
Dieser Artikel erschien auch vor ein paar Tagen auf unserem Partnerblog „Graswurzel Post – Stimmen von unten„. Wir danken Jairo Gómez für die Genehmigung der Veröffentlichung.
Dieser Artikel erschien auch vor ein paar Tagen auf unserer Partnerseite INFO-WELT
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Über den Autor: Seit 1967 lebt der im spanischen Granada geborene Bernardo Jairo Gomez Garcia in Deutschland. Schon vor seinen Ausbildungen zum Trockenbaumonteur und Kfz-Lackierer entdeckte Gomez seine Leidenschaft für die Kunst. Er studierte an einer privaten Kunsthochschule Airbrushdesign und wechselte aus der Fabrikhalle ans Lehrerpult. 14 Jahre war Gomez als Spanischlehrer in der Erwachsenenbildung tätig. Seine Interessen gelten der Politik, Geschichte, Literatur und Malerei. Für Neue Debatte schreibt Jairo Gomez über die politischen Entwicklungen in Spanien und Lateinamerika und wirft einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und Europa, seit kurzem betreibt er seinen eigenen Blog Graswurzel Post.
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