Rui Filipe Gutschmidt
Portugals Premierminister in Davos – Wachstum durch gerechte Bezahlung
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Rui Filipe Gutschmidt
Nachdem vier Jahre Austeritätspolitik Portugals Wirtschaft zerstörten, fünf Prozent der Bevölkerung – vor allem junge Fachkräfte – zum Auswandern zwangen und die Staatsverschuldung sogar verschlimmerten, statt sie zu verbessern, schaffte es das Linksbündnis unter Antonio Costa, dass Portugal aus Krise kommend, wie Phönix aus der Asche wieder geboren wurde.
Davos! Das alljährliche Treffen des „who is who“ im weltweitem Kapitalismus, steht dieses Jahr unter dem Zeichen geopolitischer Kriegsspiele, dem Anwachsen nationalegoistischer Strömungen, antidemokratischer Regierungen unter echten oder getarnten Diktatoren und großer sozialer Unruhe durch massive Flüchtlingsbewegungen von Süden nach Norden, bei denen die meisten Medien zwischen Kriegs-Flüchtlingen und Armuts-Migranten unterscheiden. Dabei sind Letztere auch nur Flüchtlinge von den Folgen des Klimawandels, nicht anerkannten Konflikten, etnischen Säuberungen, von Ausbeutung und Korruption, kurz gesagt, Menschen die vor Hunger, Durst, Krankheiten und Gewalt aller Art fliehen. Keiner verlässt seine Heimat und riskiert sein Leben, weil er ein besseres Handy möchte!
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Premierminister António Costa in Davos – Screenshot vom Euronewsinterview.jpg
Anderes aber gibt es über Europa zu berichten. Nicht, dass sich der sogenannte „Aufschwung“ auf die EU oder eben Europa begrenzen würde, aber in der „alten Welt“ ist dieser nach der „Euro-Krise“ besonders willkommen. In Portugal hat die links gestützte Regierung unter Premierminister António Costa eine besonders schwere Aufgabe bewältigt, als sie das Land aus einem tiefem Loch holte, dass durch die neoliberale Vorgängerregierung als ausführende Hand der Troika und Schäubles Austeritätspolitik, geschaffen wurde. Das Land war zuvor auf einem guten Weg, bis 2009/2010 im Zuge der Griechenlandkrise von Spekulanten und durch mafiöse Banker in die Krise geraten. Die Ratingagenturen setzten Portugals Bonität herab und die Zinsen stiegen in astronomische Höhen.
Costa und seine Partido Socialista (PS), mit Unterstützung der Linksliberalen (BE), Kommunisten (PCP) und den Grünen (PEV), kehrte die Austeritätspolitik um und stellte schrittweise Renten und Gehälter wieder her, setzte auf eine Sozialpolitik, die den Menschen wieder etwas Geld in der Taschen lässt und dadurch die Binnenwirtschaft ankurbellt. Kein Wunder also, dass Portugal als Beispiel gilt, nur leider rühmen sich auch diejenigen, die das Land vier Jahre lang in die falsche Richtung führten und mit Wolfgang Schäubles Rezept kaputtsparten. Selbst Schäuble behauptet einen Anteil an Portugals Erfolg zu haben. Meiner Meinung nach sollten sich diese Leute, wie vor kurzem Donald Trump, mal einer medizinisch-psychatrischen Untersuchung unterziehen. Aber bitte mit unabhängigen Gutachtern…
Euronews hat sich jedenfalls den richtigen Interviewpartner zum Thema Wachstum ausgewählt. Wachstum gibt es nur, wenn ALLE was davon spüren und nur so macht es überhaupt Sinn. Selbst OECD-Generalsekretär Angel Gurría sagte diesbezüglich: „Selbstgefälligkeit ist der größte Feind und genau dies ist derzeit meine Sorge. (…) wir haben Millionen und Abermillionen abgehängt, die wir jetzt erst wieder an Bord bekommen müssen. Da müssen noch viele Hausaufgaben gemacht werden.“
Euronews bringt ebenfalls die Aussage von UNI Global-Union-Generalsekretär Philip Jennings: „Wir müssen darüber nachdenken, was die Beschäftigten in Europa eigentlich verdienen. Keine Frage, die Löhne steigen, das sehen wir, aber sie steigen nicht mit demselben Tempo wie das Wirtschaftswachstum. Wir sagen, dass die Beschäftigten eine Lohnerhöhung brauchen, denn wenn man ihnen Geld in die Tasche steckt, werden sie es auch ausgeben. Das wäre ein Anstoß für weiteres Wirtschaftswachstum. Ohne den sozialen Aspekt, ohne einen integrativen Aspekt bei den Wirtschaftsreformen werden wir nicht das Ergebnis bekommen, das wir uns wünschen.“
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Dieser Artikel erschien auch auf unserer Partnerseite INFO-WELT
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